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Von wegen „alles Essig“

Balsamico-Tasting mit der mediterranen Kochgesellschaft und BalsAmici.

Von wegen „alles Essig“

Als Vanessa Wanhoff begann, sich mit dieser dunkelbraunen, süßsauren und ungemein appetitlichen Flüssigkeit zu beschäftigen, glaubte sie, daran verzweifeln zu müssen. Zu komplex erschien ihr das Thema Aceto Balsamico di Modena. Doch inzwischen gehört Vanessa Wanhoff aus Plankstadt zu jener Gruppe, die in Italien beim renommierten Balsamico-Wettbewerb Palio di San Giovanni jurierend teilnehmen darf. Bei der mediterranen Kochgesellschaft, wo sie ihr Wissen jetzt bei einem Workshop im Karl-Wörn-Haus weitergab, hinterließ sie einen bleibenden Eindruck und gab ein wenig von dem weiter, was sie „große Ehrfurcht vor diesem Produkt“ nennt. Vorsitzende Christiane Appel moderierte das Gespräch.
Dass Balsamico nicht gleich Balsamico ist und unter dem Schlagwort „Alles Essig“ abgehandelt werden kann, war den Teilnehmern schon vor dem informativen Abend klar. Schließlich liegen Welten zwischen dem Balsamico für 3,50 Euro aus dem Supermarktregal und einem „Tradizionale“ für mehrere Hundert Euro pro Liter – und nicht nur preislich, sondern auch geschmacklich. Im letzteren Fall geht es um Kostbarkeiten, die man tröpfchenweise zu Gemüse-Antipasti, Schweinefilet oder Hartkäse gibt, wie Vanessa Wanhoff erklärte. Aber auch unter diesem Preissegment ist Aceto Balsamico zu finden, der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt, zumal die sogenannten Condimenti ebenfalls zu den Produkten gehören können, die ein Gericht eventuell schlagartig verbessern.Alles, was nicht den Vorgaben eines Aceto Balsamico di Modena IGP oder Aceto Balsamico Tradizionale di Modena DOP entspricht, zählt zu den Condimenti. So auch „Weißer Balsamico“ – ein Widerspruch in sich, denn Balsamico ist immer intensivbraun.
Bei den Condimenti gibt es keine Vorschriften, was auch zu erheblichen Qualitätsunterschieden führen kann. Dafür sind die Regeln beim Aceto Balsamico Tradizionale die Modena DOP umso heftiger. Die Ursprungsbezeichnung ist streng geschützt. Er wird ausschließlich aus gekochtem Traubenmost hergestellt und reift mithilfe der traditionellen Umfüllmethode in Fässern absteigender Größe und verschiedener Holzarten. Essenziell ist das Alter. Für die Version „affinato“ lagert er mindestens zwölf Jahre, für „extra vecchio“ sind es sogar 25 Jahre. Der Aceto Balsamico di Modena IGP besteht aus gekochtem und/oder konzentriertem Traubenmost und Weinessig, dem maximal zwei Prozent Zuckercouleur zugegeben werden dürfen. Er muss mindestens 90 Tage in Fässern oder Bottichen aus edlen Hölzern lagern. Reift er länger als drei Jahre trägt er die Bezeichnung „invecchiato“, was gealtert bedeutet. Die üblichen Rebsorten für den Aceto Balsamico sind vor allem Lambrusco, Sangiovese und Trebbiano.
Die mediterrane Kochgesellschaft servierte zu den Essigen jeweils kleine Gänge: Parmesan, Spargelsalat mit Erdbeeren und Parmaschinken, Erdbeeren pur sowie Haselnuss-Ricotta-Kuchen zum Dessert, zu dem Vanessa Wanhoff großzügig Saba reichte. Eine weitere Spezialität aus der Emilia-Romagna, die nicht als Balsamico gilt. Saba wird aus sehr lang gekochtem Traubenmost gewonnen und eignet sich hervorragend für Marinaden, gebratene Gemüse und süße Desserts.
Die jeweils produzierten Mengen an traditionellem Aceto Balsamico sind naturgemäß gering: 2022 verließen die Herstellerbetriebe in Modena und der Emilia-Romagna pro Jahr gerade einmal 10 000 Liter, wogegen die verbreitetere Variante mit dem IGP-Siegel ganz andere Quantitäten hat, um 100 Millionen Liter jährlich. Tendenz in beiden Kategorien steigend.
Für Vanessa Wanhoff, die zum Italienisch-Studium von der Oberpfalz nach Heidelberg kam, war die Begegnung mit Balsamico eigentlich reiner Zufall. Während eines Urlaubs besuchte sie in der Emilia-Romagna einen Hersteller und fing Feuer. Sie machte eine Ausbildung und betreibt das Thema inzwischen mit großer Leidenschaft. Und kann unterschreiben, was eine junge Frau aus einem Balsamico-Betrieb darüber sagt: Die Leidenschaft „dringt in dich ein, geht unter die Haut, fließt in den Adern. Fast wie eine Krankheit, die einen von Generation zu Generation begleitet. Eine Besessenheit, die einen ergreift.“ mkg

 

 

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